3. November 2025
Immer mehr Raum für jede und jeden: In Deutschland wächst die Wohnfläche pro Kopf kontinuierlich. Das hat Folgen. Der zusätzliche Flächen-, Baustoff- und Energiebedarf aufgrund neuer, meist großzügigerer Wohnungen und Eigenheimen frisst die Fortschritte der vergangenen Jahrzehnte bei der Energieeffizienz wieder auf. Zeit, einen oft übersehenen Hebel der Energiewende umzulegen – die Wohnflächeneffizienz. Darauf weist das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm Zukunft Altbau hin. Mit Wohnflächeneffizienz ist die bessere Nutzung der vorhandenen Wohnflächen gemeint – etwa durch Cluster-Wohnungen, Wohnungsteilungen nach dem Auszug der Kinder oder von bislang nicht genutztem Wohnraum im Keller oder Dach.
Fragen beantwortet das Team von Zukunft Altbau kostenfrei am Beratungstelefon unter 08000 12 33 33 (Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr) oder per E-Mail an beratungstelefon(at)zukunftaltbau.de. Der KI-Chatbot Erni steht auf www.zukunftaltbau.de sogar rund um die Uhr bereit und bietet neutrale, qualifizierte Antworten auf Fragen rund um energetische Sanierung.
Laut Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie ist der Raumwärmebedarf pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr von rund 250 Kilowattstunden im Jahr 1970 auf knapp 150 Kilowattstunden im Jahr 2020 gesunken – ein stolzes Minus von rund 45 Prozent. Die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf ist in diesem Zeitraum hingegen von rund 25 auf über 47 Quadratmeter gewachsen und hat sich damit fast verdoppelt. Auch in den vergangenen Jahren ist die Tendenz weiter steigend: Ende 2024 lag die Wohnfläche pro Kopf bei gut 49 Quadratmetern. Daher bleibt der Wärmebedarf pro Person relativ konstant.
Die Gründe für die steigende Wohnfläche sind vielfältig: Noch immer werden viele Eigenheime und große Wohnungen gebaut, dabei wohnen immer weniger Menschen in einem gemeinsamen Haushalt. Auch die Zahl der Ein-Personenhaushalte ist deutlich gestiegen. Doch es gibt bereits vielversprechende Möglichkeiten, energie- sowie wohnflächeneffizient und trotzdem bedürfnisorientiert zu wohnen. Fachleute sprechen hier von Suffizienz beziehungsweise suffizientem Wohnen.
Ein Ansatz ist der in vielen Gebäuden schlummernde, potenziell vermietbare Wohnraum, etwa die als Hobbyraum genutzte Einliegerwohnung im Einfamilienhaus. Immer wieder gibt es auch einen ausgebauten Dachstuhl mit Bad und Küchenzeile, der ehemals von den inzwischen ausgezogenen Kindern genutzt wurde. Zu dem unsichtbaren, nicht genutzten Wohnraum gehören auch komplett leerstehende, nicht vermietete Wohnungen. Viele Eigentümer vermeiden es jedoch, ihre Wohnungen zu vermieten – etwa aus Angst vor zu viel Lärm. Auch Befürchtungen vor säumigen Mietern und den damit verbundenen Problemen und Kosten gehören zu den Gründen. Diese Sorgen führt dazu, dass Wohnraum leer steht.
Wohnrauminitiativen vor Ort können dabei helfen, diese Bedenken auszuräumen und Sicherheit zu bieten. Sie bringen leerstehende Wohnungen dank Garantien und Mietbegleitung wieder an den Wohnungsmarkt. Ein Beispiel ist die „Kirchliche Wohnrauminitiative“ des Caritasverbands der Diözese Rottenburg-Stuttgart, die seit ihrem Projektstart 2019 bereits 702 Wohnungen vermittelt und 1.794 Menschen mit Wohnraum versorgt hat.
„Würden wir großflächig unsichtbaren Wohnraum nutzbar machen, gäbe es weniger Wohnungsnot und wir müssten deutlich weniger neu bauen“, sagt Frank Hettler. Das würde Energie einsparen und die voranschreitende Flächenversiegelung reduzieren.
Eine weitere Möglichkeit besteht darin, Einfamilienhäuser aufteilen. Wo früher größere Familien zusammen wohnten, teilen sich inzwischen oft nur noch zwei Personen die große Wohnfläche, manches dieser Häuser wird über Jahre sogar nur von einer Person bewohnt. In vielen Fällen kann in diesen Häusern durch wenige Umbaumaßnahmen eine zweite Wohnung abgeteilt werden. Dafür gibt es sogar spezielle Förderprogramme vom Staat. Gerade für ältere Menschen kann das eine große Entlastung oder sogar eine Bereicherung sein. Sie haben weniger Wohnfläche, um die sie sich kümmern müssen, zahlen weniger Energiekosten und gewinnen neue Hausnachbarn hinzu, die beispielsweise auch bei der Gartenarbeit mit anpacken können.

Ein anderes Beispiel sind Cluster-Wohnungen: „Sie sind eine Kombination aus Wohngemeinschaft und Kleinstwohnung“, erklärt Frank Hettler von Zukunft Altbau. „Meist bestehen sie aus mehreren kleinen Wohnungen innerhalb eines Gebäudes mit kleinem Bad und Küche, die sich zusätzlich gemeinschaftlich genutzte Räume teilen, beispielweise ein großzügiges Wohnzimmer und eine gut ausgestatte Gemeinschaftsküche. Auch ein komfortables Gästezimmer, ein echter Fitnessraum oder ein gemeinsam genutzter Home-Office-Raum sind denkbar.“ So stehen den Bewohnerinnen und Bewohnern Räumlichkeiten zur Verfügung, die sie sich einzeln nicht leisten könnten. Mehrere der kleinen Wohnungen bilden dann eine abgeschlossene Wohneinheit.
Cluster-Wohnungen sorgen für mehr Vielfalt im Wohnungsangebot: Menschen brauchen in unterschiedlichen Lebenssituationen unterschiedlich viel Raum. In Cluster-Wohneinheiten können Wohnungen je nach Größenbedarf relativ einfach angepasst oder getauscht werden. Damit kann die Pro-Kopf-Fläche und der damit einhergehende Energieverbrauch reduziert werden. In ihnen lebt es sich außerdem komfortabel, die Zufriedenheit der Bewohnerinnen und Bewohner in den bisherigen Projekten ist hoch.
Das Wohnen im Cluster kann auch finanziell attraktiv sein: Menschen müssen nicht gleich umziehen und sich auf dem freien Markt eine meist teurere Wohnung suchen, wenn sich ihre Lebenssituation ändert. Im Idealfall finden sie innerhalb Ihrer Wohnung eine Lösung. Zudem können beim Cluster-Wohnen bei Bedarf auch Gebrauchsgüter geteilt werden. So laufen weniger Waschmaschinen und Kühlschränke, was zusätzlich Energie spart. Darüber hinaus ist das Wohnen in Gemeinschaft ein positiver sozialer Nebeneffekt dieser Wohnform.
Die Politik hat inzwischen erste Schritte gemacht, solche Wohnmodelle zu unterstützen. Dazu zählen eine einfachere Umwidmung von Gewerbeflächen oder weniger Hürden für Aufstockungen. Trotzdem sind noch weitere Maßnahmen nötig, um mehr Menschen für neue Modelle der Wohnraumnutzung zu gewinnen.
Experten wie Patrick Zimmermann vom ifeu-Institut Heidelberg gehen davon aus, dass rund achtzig Prozent der angestrebten 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr außerhalb von Neubauten entstehen könnten, wenn neue Wohnkonzepte und die Aktivierung des Wohnungsleerstands konsequent umgesetzt würden sowie unsichtbarer Wohnraum besser erschlossen würde. Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer können sich bei den Fachleuten von Zukunft Altbau über die Möglichkeiten des Umbaus ihrer Immobilie informieren.